Kirche/Tastungen

Als Berthold von Wintzingerode als Patronatsherr über die Kirche in Tastungen im Jahre 1556 dort den evangelischen Prediger Erhard Müller einsetzte, könnte dies in der alten Kirche des Dorfes, Vorgängerbau der jetzigen, im Zeitraum von 1725 bis 1727 erbauten St.-Gallus-Kirche vorgenommen worden sein.

Leider wissen wir nicht, wann die alte Kirche in Tastungen erbaut wurde, über die man aber spätestens vom Jahre 1238 an verfügte, da zu diesem Zeitpunkt "Johannes", in einer Urkunde unter den Zeugen aufgeführt, "sacerdos in Astunghen" war.

Die Rechnungsbücher, aufbewahrt im Pfarrarchiv Tastungen, weisen für das Jahr 1669 u.a. Ausgaben an Zimmerleute, "welche das Mannhaus gebaut", für "Nägel, an das Mannhaus gebraucht" und "vor Kalk zum Tönchen" aus. 1687 wurde "der Giebel an der Kirche gebaut", und 23 Rtlr.14 Sgr. mußten 1694 "vor die Kirche zu renovieren mit Kalk und Farben samt Arbeiterlohn und allem Zubehör laut Quittung" gezahlt werden. Hinzu kamen später Ausgaben für die Neudeckung des Kirchendaches, Steinbrecher erhielten ihren Lohn, Fenster galt es zu reparieren, und noch kurz vor ihrem Abriß entschloß man sich dazu, im Inneren eine neue Treppe einzubauen.

Bereits die katholischen Geistlichen, bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts in Tastungen überwiegend von den weltlichen Patronatsherren von Bodenstein bzw. von Wintzingerode eingesetzt, werden "zumeist, aber nicht immer, einen Lehnbrief des Patrons über die mit der Pfarrei verbundenen Liegenschaften und Gefälle" erhalten haben, stellten ihrerseits einen Lehnrevers aus und setzten sich in den Besitz der Pfarrei. Die Bestätigung der Pfarrherrn, welche eigentlich durch die Archidiakone, beziehungsweise deren Offiziale, oder durch den erzbischöflichen Kommissar hätte bewirkt werden sollen, scheint nur in seltenen Fällen erfolgt zu sein. Es dürfte Regel gewesen sein, daß - wie auch später von sämtlichen weltlichen Patronen des Eichsfeldes behauptet wurde - die Anstellung und der Abgang der Pfarrherrn ohne jede erkennbare Mitwirkung der geistlichen Oberen erfolgte:"

Die Gerichtsordnung der von Wintzingerode von 1584, die einmal im Jahr "auf einem Höhegerichte" den Untertanen der 5 Gerichtsdörfer (Kirch- und Kaltohmfeld, Wintzingerode, Tastungen und Wehnde) "öffentlich vorgelesen" werden sollte, damit sich diese nicht mit "Unwissenheit" entschuldigen konnten, enhält u.a. Bestimmungen über "die Berufung eines Pfarrherrn", die "Pfarrgüter" die "Pfarr- und Kirchendienerbehausung", die "Erwählung der Vormünder und Altarleute" sowie der Kirchner.

Die Gerichtsherren, beteuernd, es gehe ihnen um die Erhaltung "christlicher und richtiger Ordnung", das rechte Verhalten gegenüber Gott und der "vorgesetzten Obrigkeit", um ein Leben "in Frieden und Einigkeit", haben deshalb einem jeden ihrer Untertanen anbefohlen, "sich zur Anhörung des göttlichen Worts in die Kirchen zu begeben", Predigten und Kinderlehre "mit Weib, Kind und Gesind" zu besuchen, die Feiertage zu heiligen, sich "vor Gotteslästerung" zu hüten und "vor Vollendung der Predigt" die Kirche nicht zu verlassen.

Darüber hinaus wurde im Jahre 1612 u.a. ergänzend angeordnet:
"Tänze, Spielwerk, Gäste setzen soll in den Krügen gänzlich abgeschafft werden am Advent, am ganzen Weihnachtsfest, Neujahrstag, Heilige drei Königs-Tag, dem Tage der Reinigung Mariae, die Fasten über, am Tage der Verkündigung Mariae, an dem Osterfeste ganz, an Himmelfahrt Christi, an dem Pfingstfeste ganz, am Sonntage Trinitatis, am Tage Johannes des Täufers, Mariae Heimsuchung und Michaelis."
Auffallend ist, diesen Artikel der Gerichtsordnung betreffend, darauf hat bereits L.v.Wintzingeroda-Knorr verwiesen, die Berücksichtigung "so vieler katholischer Festtage, besonders der Marientage."

Als katholische Geistliche sind für Tastungen von 1238 an nachweisbar:

1. Johannes, Priester; als Zeuge in einer Urkunde von 1238 (Die von Bodenstein schenken dem Kloster Beuren die Vogtei über das Kloster) genannt: "Johannes sacerdos in Astunghen".

2. Helmbert ("Helmbertus"), als Pleban (=Pfarrer) ca. 1300 in Tastungen nachweisbar; war Mitglied des Duderstädter Kalands.

3. Heinrich ("Henricus"), ca.1300 Pleban in Tastungen; Mitglied des Duderstädter Kalands.

4. Hartmann Luderad ("Hartmannus Lüderod" bzw."Luderad", ca.1400 Pleban in Tastungen; Mitglied des Duderstädter Kalands.

5. Heinrich Muge ("Hinricus Muge"), studierte 1424 in Erfurt, war 1473/74 Schulrektor in Duderstadt (Heinrich Mueg!), dann ca.1475 Pleban in Tastungen.

6. Bernhard Grieß ("Bernhardus Gryß"), war Rektor in Duderstadt, dann ca.1515 Pleban in Tastungen; urkundete 1507 und 1521 als Mitglied des Duderstädter Kalands; gestorben am 11.Juni 1523.

Während des 30-jährigen Krieges:

7. Johann Adam Thalheim, 1624 seitens der kurfürstlichen Behörde in Tastungen als katholischer Pfarrer eingesetzt. Nach Ph. Knieb und B. Opfermann sollen jedoch die Pfarrstellen in Ohmfeld und Tastungen 1624 Johannes Hunger zugewiesen worden sein. J.A.Thalheim betreffend, wird es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um den von B.Opfermann von 1630-1642 für Gieboldehausen und ca. 1663 für Bilshausen nachgewiesenen Pfarrer Johann Adam Thalem handeln.

8. Johannes Schaumberg , soll zunächst 1624 als Substitut (= Stellvertreter) des von der kurfürstlichen Behörde in Tastungen eingesetzten katholischen Priesters J.A.Thalheim fungiert und 1626 dessen Nachfolge angetreten haben. 1626 bis 1627 ist er als Pfarrer in Teistungen, von 1633 bis 1671 als solcher in Seeburg (zugleich Dechant des Dekanats Seeburg) tätig gewesen.

9. Johann Harhentz (auch Harhertz), von der kurfürstlichen Behörde 1637 als katholischer Pfarrer in Tastungen, Wehnde und Wintzingerode eingesetzt, war er von 1655 bis 1669 Pfarrer in Krebeck.

Der Bau der neuen, im Vergleich zum Vorgängerbau wesentlich größeren Kirche, deren Turm "eine ganz eigentümliche und schöne Umrißform über quadratischem Grundriß bis zur äußersten Spitze" aufweist, fällt in den Zeitraum von 1725 (12.Juni) bis 1727 , mitfinanziert seitens zahlreicher evangelischer Familien aus Duderstadt. Den Rechnungsbüchern kann entnommen werden, daß das Fundament der alten Kirche abgetragen, für den Neubau "auf altem Kirchengrund" jedoch zum größten Teil wieder genutzt worden ist. Steinbrecher, Maurer und Fuhrleute unterstützten das Projekt tatkräftig.

Das Gotteshaus, hier berufen wir uns auf Walter Rassow, "hat einen nach dem Sechseck abgeschlossenen Chor und abgesetzten Westturm; über einem einfach abgestützten Sockel erheben sich die Außenwände, geputzt und mit gezahnten Eckquadern. Über den Wänden ist ein derbgegliedertes hölzernes Hauptgesims angeordnet ...

Die rechteckigen und mit Werksteingewänden versehenen Fenster sind der Empore wegen geteilt, so daß unten eine längliche und oben eine geviertförmige Öffnung hergestellt ist.

Die Gewände haben Profile aus Rundstab, Kehle und Stäbchen, nach unten sind Abläufe vorhanden. Im Inneren sind die Fenster flachbogig geschlossen. Das Westportal hat ein rechteckiges, profiliertes Gewände, darum einen glatten Rahmen, aber mit ohrenartigen Absätzen und Tropfen, über dem Ganzen einen flachbogigen Giebel und zuoberst in der Art des glatten Rahmens einen Aufsatz mit geschickten Umrißlinien und zarten Gesimschen...

Das Innere der Kirche ist flach gedeckt, die Balken sind an einem Längsüberzuge befestigt, der im Dache wiederum an fünf Stellen aufgehängt ist. Die Decke ist durch Holzleisten in eigentümlicher Form eingerahmt und weist einer derbe Figurenmalerei auf ... "

Einen Hinweis auf den Architekten der neuen Kirche bietet die noch jetzt in der Sakristei aufbewahrte große Bibel, denn in ihr findet man folgende Widmung:
"Aus sonderbarer Affection ist diese Bibel von dem hessischen Capitain des Loewensteinschen Regiments nahmens Reinhard Nicolas Pauly als Architekten der neu erbauten Tastunger Kirche zum Andenken verehrt worden.
Cassel 8 Jannuary des 1727 Jahres."

Mit Zustimmung und "auff Befehl derer sämbtlicher Hochwohlgeborenen Herrn alß Gerichtsherren" von Wintzingerode (Georg Friedrich, Wasmuth Levin, Christoph Ludwig und Georg Ludwig), übernahm es 1727 der 30 Jahre alte .Ziegeldecker" Johann Georg Wilhelm aus Kassel "mit seinem Lehr Jungen ganß allein", das "Kirch- und Thurm Tacht mit aufgesetztem Knoppe" zu decken.

Im Knopf des mit Schindeln versehenen Turmes deponierte man bei dieser Gelegenheit ein von Cyriax Mehler, Kantor in Kaltohmfeld und Sohn des von 1697 bis 1727 in Tastungen tätigen "Schulmeisters" Johann Georg Mehler (geboren in Mühlhausen), am 2. September 1727 abgefaßtes Schriftstück.